Bau eines mobilen EKG-Gerätes

EKG-Verlauf messen:

Bei diesem Projekt wird der Aufbau eines Messverstärkers beschrieben. Aufgrund des kleinen Messsignals sind Störfrequenzen besonders auffällig und müssen durch entsprechende Filterschaltungen unter-drückt werden. Aus Sicherheitsgründen wird die Schaltung ausschließlich mit Batterie betrieben. Angezeigt wird die EKG Kurve über den Audio Eingang eines Laptops oder dem DSO Nano (Mini Oszilloskop).

Da ich mir die Rechnungen zur Verstärkung und Filterung alle selbst aus Fachbüchern und Internetbeiträgen zusammengereimt habe, gibt es für die Richtigkeit und den Aufbau keine Gewähr. Aber es funktioniert!


EKG-Kurve aus dem Fachbuch
EKG-Kurve aus dem Fachbuch
Messergebnis
Messergebnis
EKG-Kurve aufgezeichnet über die Soundkarte eines PC
EKG-Kurve aufgezeichnet über die Soundkarte eines PC
EKG-Gerät mit dem DSO Nano
EKG-Gerät mit dem DSO Nano
Gehäuse des EKG Geräts aus Plexiglas
Gehäuse des EKG Geräts aus Plexiglas


Signalverlauf - Schema

SignalEingang

Ableitung nach Einthoven


Bei einer bipolaren Ableitung steht eine Elektrode als Referenz zur Verfügung, sodass sich die anderen Elektroden auf diese Referenz beziehen.

Die  bipolare Ableitung nach Einthoven misst die Potenzialdifferenz demnach wie folgt:

 

Ableitung I:                  → vom rechten Arm

                 zum linken Arm

 

Ableitung II:                 → vom rechten Arm

                                         zum linken Bein

 

Ableitung III:                → vom linken Arm

     zum linken Bein

 

 

Für dieses Projekt wird eine Abwandlung der Ableitung nach Einthoven verwendet, bei der das Potential zwischen zwei Messpunkten gegen Masse abgeleitet wird.

Dies findet auch ähnlich Anwendung in Rettungseinsätzen bei denen die Elektroden der beiden Arme jeweils unterhalb der beiden Schlüsselbeine positioniert und die Elektrode des Fußes unterhalb des Herzens angebracht werden. Ich verwende in meiner Schaltung nur zwei Elektroden am Körper. Referenzelektrode wird in der Schaltung einfach nach Masse geschaltet. Bei dieser Ableitungsmethode werden jedoch nur Potentialschwankungen in der  zweidimensionalen Ebene erfasst.

Zur Signalaufnahme dienen Klebeelektroden. Diese sind bereits mit einem leitfähigen Kontaktgel versehen und können einfach über Clips an Messleitungen angeschlossen werden. 

Ableitung nach Einthoven
Ableitung nach Einthoven
Vereinfachte Ableitung mit 3 Elektroden
Vereinfachte Ableitung mit 3 Elektroden
Klebeelektroden gibt es günstig bei ebay
Klebeelektroden gibt es günstig bei ebay

Schirmung der Elektrodenmessleitung

Kapazitiv eingekoppelte Störungen entstehen, weil der menschliche Körper zusammen mit der Phase einer Spannungsquelle und Masse eine Streukapazität bildet. Diese Störungen beeinträchtigen das Messsignal beträchtlich. Maßnahmen gegen diese Art von Störungen sind: Netzspannung führende Kabel und Geräte  um den Messplatz herum zu entfernen. Bei höheren Anforderungen ist die Messanordnung vollständig abzuschirmen (Faradayscher Käfig).  Außerdem empfiehlt es sich, die Messleitung abzuschirmen, da sie wie Antennen wirken:



Durch die Schirmung der Messleitung wird messbar die Kabelkapazität verringert! In ersten Testschaltungen wurde dazu ein gewöhnliches Koaxkabel (Antennenkabel) verwendet und die Schirmung mit Masse verbunden. Dadurch konnte die Kabelkapazität zwischen Signalleiter und Abschirmung bereits gut reduziert werden.

Für den endgültigen Aufbau wurde anstatt der beiden Koaxkabel ein USB-Kabel verwendet. Der Vorteil hierbei ist, dass alle 3 Signalleitungen vom Körper durch ein gemeinsames Kabel geführt werden können, was die Fläche der Leiterschleife erheblich reduziert. Außerdem besteht die Möglichkeit das USB Kabel zu schirmen und die USB-Buchse lässt sich einfach auf eine Platine im Gehäuse löten. Wer es nicht so genau nehmen möchte kann natürlich herkömmliche isolierte Stromleitungen an die Elektroden befestigen.

A   Der Instrumentationsverstärker (InAmp)

Ein Instrumentationsverstärker oder Instrumentierungsverstärker (engl.: Instrument Amplifier = InAmp) ist eine besonders präzise Differenzverstärkerschaltung mit hoher Gleichtaktunterdrückung und sehr geringer Eingangs-Offsetspannung. Da InAmps einen sehr hochohmigen Eingangswiderstand besitzen, eignen sie sich besonders gut zur Verstärkung eines sehr kleinen Messsignals. Für die Messung des EKGs wird ein solcher InAmp verwendet. 

 

Da InAmps als ICs deutlich teurer als einfache Operationsverstärker sind (z.B.: INA 111 von Burr-Brown kostet bei Reichelt –Elektronik 9,80€), kann die EKG-Messschaltung auch aus einzelnen OPV aufgebaut werden.  Um eine vergleichbare Gleichtaktunterdrückung, wie z.B. die des INA 111 von 80 dB zu erreichen, müssen die verwendeten Widerstände besonders niedrige Toleranzen aufweisen und exakt aufeinander abgestimmt sein. Für die EKG-Messschaltung werden daher teurere Präzisionswiderstände verwendet mit Toleranzen von 0,1%.

Zudem kann zusätzlich die Ausgangsoffsetspannung über eine Offset-Regelung eingestellt werden. Um direkt eine möglichst niedrige Offsetspannung zu erzielen, wird der in ersten Testschaltungen verwendete OPV vom Typ „LM 741“ ersetzt durch den Ultralow-Offset OPV vom Typ „OP07 CP“ des Herstellers Analog Devices (Stückpreis bei Reichelt-Elektronik 0,31€ ; Input Offset Voltage: 0,03mV). Der OP07 kennzeichnet sich darüber hinaus als sehr rauscharmer OPV.

Bei der EKG-Aufnahme handelt es sich um die Messung einer Spannungsdifferenz, die im Grunde genommen durch nur einen OPV erfasst werden könnte, der als Differenzierer (Subtrahierer) beschaltet ist. Der InAmp besitzt jedoch zusätzlich vor jedem Eingang des Differenzierers eine Vorstufe in Form eines Impedanzwandlers. Die Funktionsweise des Subtrahierers wird somit unabhängig von den Innenwiderständen der beiden Potentiale. Hierdurch wird die hochohmige Eingangsleitung jedoch sehr störanfällig gegenüber kapazitiven Störstreuungen.

Funktion:

Ist das Potential am invertierenden Eingang größer als das am nichtinvertierenden Eingang wird die Ausgangsspannung negativ. Über den Widerstand R4 erfolgt eine Rückkopplung des Ausgangssignals an den invertierenden Eingang, wodurch der Verstärkungsfaktor eingestellt werden kann. Bei einem idealen Differenzverstärker ist die Ausgangsspannung gleich Null, sofern an beiden Eingängen die gleiche Spannung anliegt. Bei realen Differenzverstärkern treten jedoch stets geringe Abweichungen auf, die als Offsetfehler bezeichnet werden. Zur Kalibrierung dient das Potentiometer (5k).

 

Gleichtaktunterdrückung CMRR
Ein wichtiger Parameter für gute Messergebnisse ist die Gleichtaktunterdrückung des InAmp. Die Messstörungen wirken teilweise mit gleicher Frequenz und Phase als so genannte Gleichtakt-signale auf die Messschaltung. Aufgabe des Messverstärkers ist es, dabei nur die gewollten Differenzsignale zu verstärken, während die störenden Gleichtaktsignale unterdrückt werden sollen.

 

Würde man an beide Eingänge eines Instrumentationsverstärkers die Eingangsspannung Ue anlegen, so wäre die Ausgangsspannung bei einem idealen Instrumentationsverstärker Ua = 0, da die Differenz der beiden Eingangsspannung folglich Null ist. Industriell hergestellte Instrumentationsverstärker werden durch lasergetrimmte Widerstände äußerst präzise abgeglichen, dennoch ist die Ausgangsspannung nie wirklich Ua = 0. Eingekoppelte Gleichtaktsignale werden in geringen Maßen in ein Differenzsignal umgewandelt. Die Qualität bzw. die Güte eines integrierten Instrumentationsverstärkers wird demnach u.a. an der Fähigkeit gemessen, eine an den Eingängen anliegende Gleichtaktspannung zu unterdrücken, was als Gleichtaktunterdrückung bezeichnet wird (im engl. wird dies als common mode rejection bezeichnet = CMR).

Das Maß bzw. die Intensität diese Gleichtaktspannung zu unterdrücken wird als Common mode rejection ratio (CMRR) bezeichnet und wird in Dezibel (dB) angegeben. Der Wert beschreibt also das Verhältnis zwischen der Gleichtaktverstärkung und der Differenzverstärkung . Praktisch können solche Bausteine Werte von 70-130 dB annehmen. Die Gleichtaktunterdrückung ist außerdem abhängig von der anliegenden Gleichtaktspannung. So gilt: Je höher der CMRR Wert, desto höher kann die anliegende Gleichtaktspannung sein.

Für den medizinischen Bereich sollen Gleichtaktsignale mit 100 bis 120 dB unterdrückt werden, was bedeutet, dass die Differenzverstärkung  um den Faktor 100.000 höher sein muss als die Gleichtaktverstärkung . Solche Anforderungen sind durch diskret aufgebaute Instrumentationsverstärker nicht realisierbar, sondern vielmehr nur durch hochpräzise integrierte Bausteine erreichbar. Nach langem probieren habe ich mich doch entschieden einen IC-InAmp zu verwenden.

 

Der Ad 620 kostet bei reichelt.de 5,50€

B    Der 0,04 Hz Hochpass

Am Ausgang des Instrumentationsverstärkers wird ein Hochpass integriert, der einen sich einstellende Gleichspannungsanteil unterdrücken soll. Dieser besteht aus einem Kondensator und einem Widerstand. 

                                                                     

Ein passiver Hochpass ist eine Schaltung, die tiefe Frequenzen unterdrückt und hohe Frequenzen ungehindert passieren lässt. Die  einfachste Schaltung eines Hochpasses ist rechts dargestellt.
Mit steigender Frequenz erhöht der Kondensator seinen Widerstand, sodass Spannungen mit tiefen Frequenzen nicht unterdrückt werden.

 

 


Der Kurvenverlauf beschreibt das Frequenzverhalten im Verhältnis zur Ausgangsspannung. Signale mit Frequenzen oberhalb der Grenzfrequenz fg
werden weitergeleitet, Signale unterhalb von fg unterdrückt. 


C    Nachverstärkung

Hierbei handelt es sich um einen nichtinvertierenden Verstärker. Das Signal wird durch einen Spannungsteiler auf den invertierenden Eingang des OPV zurückgekoppelt

wodurch die Ausgangsspannung verstärkt wird. Der Verstärkungsfaktor wird durch das Verhältnis der beiden Widerstände R1=2 MΩ und R1 + P=1-101 kΩ

 

 

bestimmt. Da der Ausgangswiderstand des nichtinvertierenden Verstärkers sehr niederohmig ist, wirkt die Schaltung wie eine Spannungsquelle, sodass das Biosignal direkt weitergeführt werden kann (z.B.: Oszilloskop, Soundkarte vom Laptop, Mikrocontroller oder AD-Wandler, usw.)


D    15Hz Tiefpass

Vergleich: obere Kurve mit Notchfilter ohne 15Hz Tiefpass; untere Kurve mit 15Hz Tiefpass
Vergleich: obere Kurve mit Notchfilter ohne 15Hz Tiefpass; untere Kurve mit 15Hz Tiefpass

gdgsd


E    50Hz Notch-Filter (Bandsperre)

Das sogenannte Netzbrummen elektronischer Geräte um die Messschaltung herum, erzeugt ein störendes Rauschen in der EKG-Kurve. (Meistens werden diese Störfrequenz über den Körper/Messleitungen in die Schaltung eingekoppelt). Zur Unterdrückung des 50Hz elektromagnetischen Wechselfeldes wird eine Bandsperre (Notchfilter), die auf 50Hz abgestimmt ist,  in die Schaltung integriert. Diese passive Filterschaltung ist in der Abbildung dargestellt und wurde als Doppel-T-Filter dimensioniert:

 

                                R =  R1 = R2       C =  C1 = C2        R3 = R/2      C3 =  2 x C


Schaltplan komplett

HF Rauschen an den InAmp Eingängen:

RFI (Radio frequency interference/ deutsch: HF-Rauschen)  wird im Tutorial des InAmp Herstellers Analog Devices als Störung beschrieben, die im HF-Bereich generiert wird (daher Hochfrequenzstörung). Selbst hochwertige Instrumentationsverstärker schaffen es nicht Gleichtaktsignale über 20kHz, die an den Eingängen anliegen, zu unterdrücken. Stark auftretende RF-Signale können sich daher als Offset-Fehler am Ausgang einstellen. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken ist ein Tiefpass am Eingang des InAmp. Hier wird zusammen mit den beiden Eingangswiderständen und den Kondensatoren C1 und C3 ein Tiefpass erzeugt. Zusätzlich wird der Kondensator C2 zwischen die beiden nichtinvertierenden Eingänge des InAmps geschaltet. Der Filter sollte zur optimalen Funktion so nah wie möglich an die Eingänge des InAmps gesetzt werden.

R3 und R4 = 100kΩ

C1 und C2 = 47pF

C3             = 470pF

Grenzfrequenz: 1,6 kHz

 

Überspannungsschutz:

Vor die Eingänge des InAmps ist pro Eingang eine Diode in Sperrrichtung und eine in Durchlassrichtung gegen GND geschaltet. Da bei einer Silizium-Diode vom Typ 1N4148 erst ab einer Durchlassspannung von 0,7V ein Strom fließen kann, gelangt das EKG-Signal (ca. 1mV) ohne weiteres an die Eingänge des InAmp. Nicht EKG-Spannungen, die einen höheren Wert haben als +0,7V oder -0,7V, werden gegen GND kurzgeschlossen und gelangen somit nicht an die Eingänge des InAmp.